Der nächste Morgen kommt, die Fenster unseres Zimmers sind beschlagen, weil unsere netten “Nachbarn” beim Heimkommen (keine Ahnung, wann das war) die Fenster geschlossen haben. In einem kleinen Raum mit 4 Schlafenden macht das wenig Sinn. Nun gut, wir machen uns fertig, frühstücken, checken aus und watscheln mit unserem Gepäck in Richtung Busbahnhof, um zum Flughafen zu fahren, wo wir den Mietwagen abholen sollen. Das Wetter ist wechselhaft, der Regen ist sich unschlüssig, ob er kommen soll oder nicht. Ich bin nicht ganz so gesprächig wie sonst, was wohl daran liegt, daß ich gedanklich schon zum ersten Mal in meinem Leben in einem rechtsgelenkten Auto sitze.
Einige Zeit später sitze ich da nun wirklich und mache mich mit allem vertraut, drehe ein paar Runden auf dem Parkplatz und muß mir von Yvonne immer wieder sagen lassen, dass ich zu weit rechts fahre. Zu guter letzt habe ich Schwierigkeiten den Rückwärtsgang zu finden, was aber einzig und allein daran liegt, daß ich bei meinem geliebten Peugeot keinen Schaltknüppel runterdrücken muß, um in den Rückwärtsgang schalten zu können! Ach ja, wir haben ü
brigens einen schnuckeligen VW Polo. Genau das richtige für einen Linksfahranfänger wie mich!
Nach dem wir losgefahren sind, gewöhne ich mich recht schnell an den Linksverkehr und nach einigen wenigen hundert Meter erreichen wir schon den ersten großen Kreisverkehr mit Ampeln und Stau. Ich bewältige diese Situation mit Bravour und bin optimistisch, daß nun nichts mehr schief gehen kann!
Was mir etwas zu schaffen macht, ist das Wetter, denn der Regen hat nun all seine Zurückhaltung abgelegt. Es regnet ununterbrochen, die vielen Schlaglöcher füllen sich mit Wasser und ich donnere ab und zu in ziemlich große Löcher, deren Tiefe ich aufgrund der darin befindlichen Wassermassen nicht abschätzen kann. Da die Straßen Irlands allgemein in keinem besonders guten Zustand sind, macht es keinen Sinn, einem Loch ausweichen zu wollen, denn dann steht man bereits im nächsten. Yvonne und ich sind uns inzwischen sicher, daß es keine so schlechte Idee gewesen ist, das volle Versicherungspaket für den Mietwagen zu buchen, auch wenn das teurer war, als ursprünglich erwartet.
Wir fahren in Richtung Westen, denn als Tagesziel haben wir uns den
Ring of Kerry ausgemacht, dessen Größe wir allerdings unterschätzt haben. Den ersten Stop machen wir in
Killarney, kaufen ein paar Souvenire, Lebensmittel und eine detaillierte Karte vom Ring of Kerry (
hier ist auch eine Karte) und nach einem kleinen Irrgang durch die Stadt finden wir auch endlich den Parkplatz mit unserem Auto wieder und fahren weiter. Über Stock und Stein und durch wassergefüllte Löcher geht es nun zum Killarney National Park, wo wir uns gleich beim ersten Stop viel zu lange aufhalten, um Fotos zu machen. Die Landschaft ist atemberaubend schön und man kann sich gar nicht entscheiden, welchen Stein und welchen Grashalm man fotografieren soll. Dazu kommt der Nebel, der die Berge gespenstisch verhängt und nach einer gewissen Zeit den Blick darauf freigibt. Einige Objekte fotografiere ich
mehrmals und sie sehen wegen dem Wechsel von Nebel und Licht immer unterschiedlich aus.
Die Zeit drängt, deswegen geht’s weiter ins Gebirge. Die Straßen werden steiler, enger und kurviger, doch das macht mir nichts aus. Nur bei Gegenverkehr wird es manchmal etwas brenzlig, vor allem wenn man die ausgeschilderten 100 km/h fährt! Ich begnüge mich mit der Hälfte der Geschwindigkeit denn erstens bin ich nicht lebensmüde und zweitens möchte ich wenigstens ab und zu mal rechts aus dem Fenster lugen um die Landschaft genießen zu können. Unterwegs stehen öfter mal Schafe auf oder neben der Straße und man wartet geduldig, bis man irgendwie vorbei kommt. Auch manch anderes Getier, Ziegen und Kühe stehen in der Gegend rum und müssen als Fotoobjekt herhalten.
Sehr lange fahren wir nicht, steigen dafür aber viel zu oft aus, um Fotos zu machen, ein wenig umherzulaufen und die Landschaft zu genießen. Es ist schon recht spät und nach dem wir mit einem Blick auf die Karte feststellen, daß wir nicht mal 1/3 der Strecke vom R.o.K. zurückgelegt haben, entscheiden wir uns schweren Herzens, wieder umzukehren. Erstens haben wir in Limerick eine Unterkunft gebucht und zweitens macht eine Fahrt durch die Dunkelheit in der allerschönsten
Landschaft keinen Sinn. Auf der Rückfahrt schließe ich den Entschluß, auf alle Fälle irgendwann in meinem Leben noch einmal hierher zukommen und den R.o.K. zu Fuß zu erkunden.
Die Fahrt nach Limerick gestaltet sich noch sehr lang und in Limerick selbst verfahren wir uns natürlich auch ein paar Mal. Yvonne muß einige Male aussteigen, um nach dem Weg zu fragen, während ich mich bei der Sucherei und dem plötzlichen Abbiegen immer wieder daran erinnern muß, daß wir uns im Linksverkehr befinden. An einer Tankstelle kaufen wir schnell noch was fürs Abendbrot und finden endlich das
Clifton Guesthouse. Dort werden wir allerdings mit der Aussage überrascht, daß es keine Gemeinschaftsküche gibt, wo man sich seine mitgebrachten Speisen herrichten kann. Wir machen wohl einen recht enttäuschten und bekümmerten, vielleicht auch hungrigen, Eindruck, denn die Herbergsmutter schnappt sich unsere Tütensuppe und serviert uns ein paar Minuten später das warme Gericht und spendiert sogar noch etwas Brot. Über soviel Freundlichkeit sind wir überrascht und sehr dankbar.
Wir essen im Gemeinschaftsraum und eine Dame mittleren Alters setzt sich ein paar Meter entfernt in einen Ledersessel und wälzt ihre Reiseführer. Ich bemerke, daß sie öfters
zu uns rüberschielt und irgendwann hat sie den Mut, uns anzusprechen. Sie hat bemerkt, daß wir Deutsch reden und wir kommen ins Gespräch. Sie und ihr Mann kommen aus Erfurt, erzählt sie und als ich erwähne, daß ich auch aus Thüringen komme, ist das Eis gebrochen. Wir quatschen ziemlich lange über Gott und die Welt und vor allem über
unsere Reisepläne. Irgendwann gesellt sich noch ihr Mann zu uns und wir tauschen Reiseerlebnisse aus. Zwischendurch stellen Yvonne und ich wieder fest, daß es wirklich sinnvoll war, ein Komplett-Versicherungspaket fürs Mietauto zu buchen, denn die beiden erzählen uns, daß sie ihren Seitenspiegel verloren haben, weil er in einer brenzligen Situation mit dem Linksverkehr nicht ganz klar gekommen ist.
Irgendwann gehen wir erschöpft zu Bett.